Pilot Markenradar:
Genug Danke gesagt: Nun sind Angebote gefragt
Die Ängste wegen der wirtschaftlichen Folgen von Corona nehmen zu. Der Preis wird wieder wichtiger. Situative Haltungskampagnen haben ihren Zenit überschritten, heißt es im aktuellen Pilot Markenradar.
Fast 60 Prozent der Deutschen sehen sich in Folge der Corona-Krise direkt oder im näheren sozialen Umfeld von wirtschaftlichen Risiken wie Kurzarbeit oder Kündigung betroffen. Dabei zeigen sich diese Befürchtungen über alle Einkommensklassen hinweg gleich stark ausgeprägt und stellen somit eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar. Vor allem jüngere Menschen und Mehr-Personen-Haushalte äußern sich besorgt. Dagegen ist das Meinungsbild, ob die Einschränkungen gelockert oder unverändert beibehalten werden sollen, zweigeteilt: 51 Prozent finden, dass es für ein Ende des Lockdowns noch zu früh ist, während 48 Prozent eine Lockerung der Maßnahmen für unabdingbar halten, damit die Schäden für die Wirtschaft nicht noch größer werden.
Zu diesen Ergebnissen kommt die fünfte Welle des wöchentlichen Pilot Radar "Markenkommunikation in Zeiten von Corona". Hierfür hat die Hamburger Agentur am 15./16. April wieder über 1000 repräsentative Online-Interviews erhoben.
Die Zeit der Verklärung ist vorbei
Im allgemeinen Stimmungsbild der Deutschen ist eine Abschwächung des Zusammengehörigkeitsgefühls zu beobachten. Die Aussage, dass die Corona-Krise uns als Gesellschaft zusammenschweißen wird, verliert an Zustimmung. Ebenso, dass jeder Einzelne Verantwortung für die Gesellschaft trägt und nicht nur für sich selbst. Hier richtet sich der Blick zunehmend auf die persönliche Situation, forciert durch Sorgen über mögliche wirtschaftliche Nachteile. Wurde zu Beginn der Krise häufig eine romantisierende, von Hoffnung geprägte Perspektive eingenommen, so weicht diese mit zunehmender Dauer einem Realitäts-Check. Das verändert auch die thematische Relevanz in der Markenkommunikation.
Die grundsätzliche Einstellung zur Krise spielt weiter eine wichtige Rolle. So plädieren Menschen mit einer optimistischen Grundhaltung deutlich stärker für eine Lockerung der Maßnahmen (53 Prozent) als Befragte, die pessimistischer eingestellt sind (44 Prozent). Befürworter der Erleichterungen finden sich mit 53 Prozent auch unter den Interviewten, die nicht davon überzeugt sind, dass die Krise die Gesellschaft zusammenschweißen wird – also mehr für sich selbst sorgen müssen oder wollen.
Diejenigen, die für eine Lockerung eintreten, wollen dies zu 85 Prozent dem Einzelhandel und der Gastronomie zugestehen – unter Einhaltung der Abstandsregelungen. An zweiter Stelle folgt die Öffnung der Krippen, Kindergärten und Schulen. 44 Prozent sprechen sich dafür aus, dass wieder Gottesdienste stattfinden sollen und 25 Prozent für Demonstrationen und politische Kundgebungen, wie sie aktuell am Wochenende bereits in einigen Städten zu beobachten waren. Immerhin ein Viertel der Lockerungs-Befürworter ist der Meinung, dass wir ohne weitere Einschränkungen zum normalen öffentlichen Leben zurückkehren sollten.
Kaufbereitschaft steigt wieder an
Die aktuelle Welle wurde im direkten zeitlichen Umfeld zu den Ankündigungen erster Lockerungen durchgeführt. Interessanterweise haben die Abfrageergebnisse zum Konsumverhalten auch sofort positiv "reagiert", beispielsweise für Waren, deren Anschaffung im Lockdown eher zurückgestellt wird, wie Möbel oder auch Brillen. In der Zeitreihe über alle bisherigen fünf Wellen hinweg weist der Trend nun eher auf eine Normalisierung des Konsumverhaltens hin, der Fokus auf den Preis verstärkt sich weiter. Allgemein scheinen die Menschen Vertrauen in die deutsche Infrastruktur und vor allem in das Gesundheitssystem gefasst zu haben. Die Kurven zu den Auswirkungen der Pandemie auf die unterschiedlichen Lebensbereiche – von der gewohnten Ausübung der Arbeit über die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel bis hin zu geplanten Anschaffungen über den täglichen Bedarf hinaus – schlagen weniger extrem aus und flachen allmählich ab.
Einstellung zur Werbung: Genug Danke gesagt
Deutlich verändert hat sich bereits die Einstellung zur Werbung. Wie es scheint, ist der Sättigungsgrad an situativen Haltungskampagnen, die Danke sagen oder das Gemeinschaftsgefühl beschwören, allmählich erreicht. So geht der Zuspruch zu Werbung zurück, die zeigt, wie wir als Gesellschaft zusammenstehen oder welchen positiven Beitrag Marken aktuell leisten. Werbeauftritte, die das Thema Corona mit Humor behandeln, polarisieren bei den Konsumenten. Zunehmend goutiert werden dagegen Motive zu Sonderangeboten oder Rabatten.
"Die Konsumenten wollen kaufen – auf diesen Wunsch sollten wir in der Werbung reagieren und auch in den Produktbotschaften schrittweise zur Normalität zurückkehren, dazu gehören natürlich auch Preiskampagnen", sagt Pilot-Geschäftsführerin Martina Vollbehr. "Situative Haltungskampagnen in Zeiten von Corona haben ihren Zenit indes vorerst überschritten. Daher sollte die Markenkommunikation aktuell das Verhältnis zwischen inhaltlichem Anspruch und Produktwerbung sensibel austarieren."