Ex-Droga5-Kreativchef:
LIA bietet Ted Royer Bühne zur Rechtfertigung
Gegen etliche frühere Top-Kreative von Agenturen waren im vergangenen Jahr anonyme Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung erhoben worden. Jetzt hat sich der erste ausführlich und öffentlich dazu geäußert. Und macht auf Mitleid.
Man kann die Entscheidung von LIA-Präsidentin Barbara Levy mutig nennen - oder dumm. Dass sie nicht ohne Echo bleiben würde, war jedenfalls klar. Über eine Stunde lang ließ sie Ted Royer, den früheren Kreativchef von Droga5 New York, im Rahmen der LIA Creative Liaisons vor zahlreichen Nachwuchskreativen reden.
"Ich will mich nicht mehr verstecken", gab Royer als Grund für seinen Auftritt an. Er glaube an die Kraft des persönlichen Gesprächs.
Der Tag, an dem er auf der Liste der Kreativen auftauchte, denen sexuelle Belästigung vorgeworfen wird, sei "der mit Abstand schlimmste Tag meines Lebens" gewesen, sagte Royer laut AdAge. Veröffentlicht wurde die Liste damals auf dem anonymen Instagram-Account Diet Madison Avenue. Wenig später wurde der Kreativchef bei Droga5 gefeuert.
Royer weist die Vorwürfe zurück
Er kenne bislang keine einzige Person, die ihn aufgrund von sexueller Belästigung bezichtige. Die Vorwürfe entsprächen nicht der Wahrheit. Was er zugebe, sei: "Ich war leichtfertig. Habe Witze gemacht. In Flirtlaune." Er habe sich egoistisch und unreif verhalten.
Royer versicherte, er habe im vergangenen Jahr viel dazugelernt: "Die Me-Too-Bewegung war überfällig. Sie ist von zentraler Bedeutung. Die Frauen in der Agenturbranche haben eine schreckliche Zeit durchgemacht." Inzwischen habe er gelernt, dass drei Dinge besonders wichtig seien: Kommunikation, Verständnis und Empathie. Mittlerweile engagiert sich Royer für ein Projekt, das Gefängnisinsassen ein besseres Leben ermöglicht.
LIA erntet Kritik - FCB beendet Zusammenarbeit
AdAge berichtet, dass viele Teilnehmer von dem spät angekündigten Auftritt Royers verstört gewesen seien. Im Programm sei er namentlich zunächst gar nicht aufgeführt, sondern nur ein "Gastredner" angekündigt gewesen. Eine Teilnehmerin habe den Saal während der Rede in Aufwühlung verlassen.
LIA-Präsidentin Levy rechtfertigte die Einladung damit, dass jeder Angeklagte das Recht habe, seinem Ankläger gegenüber zu treten. Deshalb sei sie gegen eine Vorverurteilung durch Social-Media-Plattformen: eine Anspielung auf Diet Madison Avenue.
Die Agentur FCB nimmt Levy die Entscheidung dennoch übel: Die Agentur hat als Reaktion laut "Business Insider" die Zusammenarbeit mit den LIA-Awards für beendet erklärt.