Weil man ihnen mehr digitales ­Fachwissen zutraut?

Weil Unternehmensberatungen den strategischen Blick auf das Gesamtbild eines Unternehmens haben und dessen Wettbewerbssituation im Markt als Ganzes verbessern. Entwickelt man neue Geschäftsmodelle, ist es mit einer begleitenden Werbekampagne nicht getan und sei sie noch so einfallsreich. Die Neuformulierung der Unternehmensziele wirkt hinein in Prozesse und Strukturen, erfordert zum Beispiel eine veränderte Aus­richtung der Human Resources, damit sich die Transformation auch personell abbilden lässt. Hinzu kommt die Berechnung betriebswirtschaftlicher Erfolgsfaktoren oder die Anpassung von IT-Systemen. Unternehmens­beratungen tun sich damit klassischerweise leichter, weil sie mit dem Rüstzeug der BWL ans Werk gehen. Agenturen haben ihre Stärken in der Umsetzung von Marketingstrategien. In meiner eigenen Unternehmens­beratung kooperiere ich immer wieder mit Agenturen, wähle sie zum Teil auch für meine Kunden aus.

Haben Sie ein Beispiel für die Kooperation mit Agenturen?

Nehmen wir Apotheken. Mit der ­Möglichkeit, verschreibungspflichtige Medikamente übers Internet zu versenden, verändert sich deren Geschäftsmodell. Es braucht einen Onlineshop, eine entsprechende Logistik – und natürlich auch Onlinemarketing, vom Facebookauftritt bis zur Suchmaschinenoptimierung: Da kommen dann spezialisierte Agenturen ins Boot.

Immer mehr Beratungen bieten ­derlei mittlerweile selbst an.

Das stimmt. Zum Consulting gehören Strategie-, Konzept- und Umsetzungsberatung. Da ist der nächste Schritt nur logisch: eigene Umsetzungs­kapazitäten aufzubauen. Das führt ­zu Überschneidungen mit Geschäftsfeldern der Agenturszene. Aber die gab’s auch früher.

Sie haben nicht den Eindruck, dass sich Beratungen und Agenturen in die Quere kommen?

Die Überschneidungen mögen im Zuge der digitalen Transformation zugenommen haben. Doch die Rollenverteilung zwischen Beratungs- und Agenturszene ist klar. Natürlich wollen Agenturen ins Consulting, ­das ist ihnen nicht zu verübeln. ­Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg für sie.

Interview: Martin Bell

In der W&V-Ausgabe 21/2017 (Erscheinungstermin 22.5.) starten wir eine dreiteilige Serie zum Thema "Machtkampf der Consultants". Hier geht's zum Probe-Abo.

Zur Person:

Ralf Strehlau (51) ist geschäfts­führender Gesellschafter der Anxo Management Consulting aus Hofheim am Taunus, die vor allem mittelständische Betriebe berät. Seit 2016 ist er Präsident des Bundesverbands Deutsche Unternehmensberater (BDU).