"Es" ist das nach Unternehmensangaben größte zusammenhängende Kakao-Anbaugebiet der Welt, eine Fläche von 2500 Hektar, die aus ökologischen Gründen nur etwa zur Hälfte bepflanzt wird - und wenn, dann mit Rücksicht auf das Tierreich und die Biodiversität. "Mehr als 40 Prozent lassen wir als Urwald stehen, eben die Flächen, die schon bewaldet waren", sagt Ritter. "Der Rest war Viehweide, dort ist Platz für die notwendige Infrastruktur und den Anbau."

350 Menschen arbeiten für die Ritter-Plantage, sie und ihre Familien sind versichert, es gibt ärztliche Versorgung und Weiterbildung, die Bezahlung liegt über dem nicaraguanischen Mindestlohn. Darüber hinaus bezieht Ritter schon seit vielen Jahren Kakao von mittlerweile rund 20 nicaraguanischen Kooperativen aus rund 3500 Kakao-Bauern. Auch sie werden fair bezahlt und dabei unterstützt, die schwäbischen Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Ähnlich geht das Unternehmen in Westafrika vor. "Besten Kakao kriege ich nur mit gut ausgebildeten Bauern, nicht mit Sklaven", sagt Ritter.

Denn unsozial geht es auf dem Weltmarkt für Kakao durchaus zu, bestätigt Friedel Hütz-Adams vom Bonner Südwind-Institut, das über gerechte Wirtschaftsbeziehungen forscht. Die Kakaobauern hängen direkt vom Weltmarktpreis des Rohstoffs ab. "2016 wurde eine gute Ernte erwartet, zehn Prozent mehr als die Nachfrage. Deshalb stürzte der Preis um 30 Prozent ab, das war für die Bauern ein Desaster", sagt Hütz-Adams. So komme es beim Kakao-Anbau vor allem in Westafrika auch immer wieder zu Kinderarbeit, weil die Familien sich keine erwachsenen Erntehelfer mehr leisten könnten.

"Die großen Schokoladenhersteller machen schon viel, verschiedene Projekte - aber mit der eigenen Plantage ist Ritter Sport vorne", sagt Hütz-Adams. Für viele Unternehmen rechne es sich viel besser, den Weltmarktpreis als gegeben hinzunehmen. "Aber Menschenrechte in der Wertschöpfungskette einzuhalten geht nicht, wenn man immer da kauft, wo es billig ist."

In dieser Hinsicht ist Ritter Sport freier als andere: Die Finca El Cacao zu betreiben sei ein Projekt, das nur ein Privatunternehmer realisieren könne, sagt Ritter. "Als Chef einer AG würde ich mich damit am Rande der Legalität bewegen, weil man dort immer auf einen schnell Return on Invest achten muss."

Hört sich alles zu sozial und nachhaltig an, um wahr zu sein? Stimmt aber, sagt Christian Geßner, Leiter des Zentrums für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU) der Uni Witten/Herdecke. "Das Beeindruckende bei Ritter Sport ist, dass sich die verantwortungsvolle Denke durch das ganze Unternehmen zieht", sagt Geßner. Als erster Schokoladenhersteller hatte Ritter Sport 2013 das ZNU-Nachhaltigkeitszertifikat erhalten.

Alfred Ritter erklärt es so: "Man wirtschaftet, um gut zu leben. Davon ist ein Faktor, Geld zu haben - aber eben auch nur einer. Der andere ist, Sachen zu tun, mit denen man sich wohlfühlt." Auch deshalb hat er bei der Jugend-Initiative "Plant for the Planet" für die Pflanzung von einer Million Bäume gezeichnet, die Treibhausgase reduzieren sollen.

Aus diesem Antrieb hat der Enkel der Unternehmensgründer auch eine neuartige Maschine entwickeln lassen, mit der die Kakao-Früchte aufgeschnitten werden. "Bisher geschieht das mit Macheten und Holzknüppeln. Man rechnet pro Tafel Schokolade eine Kakao-Frucht - das muss man sich mal vorstellen: Es werden pro Jahr Hunderte Millionen Tafeln Schokolade gegessen, was das für ein Geklopfe ist!"

Für einen, der einst gar nicht ins Familienunternehmen eintreten wollte und stattdessen Psychologie studierte und als Therapeut arbeitete, scheint Alfred Ritter sich heute äußerst wohl zu fühlen. Am 1. April wird er 65 Jahre alt. Wie es weitergeht? "Ach, ursprünglich hatte ich mal vor, zum 65. ein richtiges Geburtstagsfest zu machen. Aber dann dachte ich, nein, das klingt viel zu sehr nach Abschied, das lassen wir mal lieber."

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am/Alexia Angelopoulou, dpa


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