Der Wandel hat jedenfalls dank Corona längst begonnen. "Die starren Strukturen gehören der Vergangenheit an", sagt Carola Burrell, Marketingleiterin des Büromöbelherstellers Interstuhl. Das wirke sich auch auf die Anbieter von Büromöbeln aus. "Wir haben Großkunden, die für ihre Belegschaft Homeoffice-Produkte anbieten. Die Beschäftigten können zum Beispiel den Stuhl mit nach Hause nehmen oder die Möbel innerhalb eines Rahmenvertrags kaufen." Die Hersteller müssten sich jedoch auch auf den neuen Markt einstellen. "Wir werden einen Teil des Sortiments mit anderen Oberflächen und Farben anbieten, weil es zu Hause meist kuscheliger ist als in der cooleren Büro-Atmosphäre."

Mehr Farbe gefragt

Diesen Trend bestätigt auch Leitz-Chef Spijkervet. "Büroartikel in schwarz und grau passen oft weniger gut zu Hause. Die Produkte sind zum Teil wirklich unattraktiv in einer privaten Umgebung." Leitz bringt jetzt eine neue Serie auf den Markt, die genau auf den Homeoffice-Bereich abzielt - mit besonderer Haptik und Optik, mit ansprechendem Design. Als Beispiel dazu nennt Spijkervet einen Papier-Shredder, der jetzt in weiß verkauft wird und enorm hohe Absatzzahlen verzeichnet. "Bei uns hat Corona für extrem schnelle Innovationsimpulse gesorgt", sagt er.

Stellt sich die Frage, ob der Trend zum Homeoffice auch nach Corona erhalten bleibt. Die Experten sehen hier vor allem das Management in der Verantwortung - es müsse ein Umdenken stattfinden, fordern sie. "Wir arbeiten immer noch als Wurmfortsatz der Industrialisierung - dieses hierarchische Modell ist das Problem", sagt Spijkervet. Arbeitgeber und Betriebsräte seien für die starren Strukturen gleichermaßen verantwortlich. "Die klassische Denke, dass man immer vor Ort sein muss, ist tief verwurzelt - das ist schade, denn ich glaube, die Menschen arbeiten effektiver von zu Hause aus."

"Der Arbeitgeber muss mehr Vertrauen in seine Leute haben und Freiräume ermöglichen", sagt auch Carola Burrell. Ein neuer, kooperativer Führungsstil sei gefragt, eine neue Arbeitskultur. Allerdings müsse auch beides möglich sein - Homeoffice und Büroarbeit - weil die Heimarbeit nicht für jeden taugt. "Es gibt Leute, die sind digital, die haben erstmal kein Problem. Und es gibt solche, die ticken völlig analog oder brauchen mehr persönlichen Kontakt", ist auch Spijkervets Erfahrung.

Das bestätigen die Umfrageergebnisse der SDK: Die Produktivität im Homeoffice wird von jedem zweiten Befragten als Schwachpunkt eingestuft. "Menschen brauchen das Arbeitsumfeld im Büro mit Kollegen und Führungskräften, um sich gut organisieren zu können", bestätigt iba-Chef Hendrik Hund. Zudem bestehe bei dauerhafter Arbeit zu Hause die Gefahr, die Bindung zum Unternehmen zu verlieren - ein weiteres Argument dafür, den Beschäftigten zwei Arbeitsplätze zu ermöglichen.

Die Umwelt freut sich

Denn die Vorteile von mehr Homeoffice gehen weit über die Arbeit an sich hinaus. "Wenn nur die Hälfte der Menschen künftig zuhause arbeiten würde, würde der CO2-Abdruck schon auch entsprechend reduziert", sagt Spijkervet. "Es wäre schön, es gäbe weniger Autos auf der Straße, die Menschen hätten mehr Zeit, anstatt zu pendeln", sagt auch Carola Burrell mit Blick auf die Lebensqualität.

Bis dahin muss am Vertrauen gearbeitet werden. Das einzig negative Ergebnis der SDK-Umfrage ist bedrückend: "Die berufliche Freiheit wird teuer erkauft: 41 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sich ein regelmäßiges Homeoffice nachteilig auf die Karriere auswirkt", sagt Oliver Schwab. Was hingegen die Doppelbelastung von Beruf und Familie angeht, glauben rund 80 Prozent der Befragten, sie lasse sich mit der Homeoffice-Möglichkeit viel besser gestalten.

Alexia Angelopoulou, dpa

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