Der Technikkritiker

Der Technikkritiker kennt sich im Gegensatz zum Technikfremdler gut mit dem ganzen Video-Schnickschnack aus. Vor allem geht es ihm dabei um Selbstschutz - er will den Feind kennen. Gegen die verwendeten Video-Apps - allen voran das momentan so populäre Zoom - hat er größte datenschutzrechtliche Vorbehalte. Er fragt sich auch, warum das alles notwendig ist, es gibt doch Telefone. Trägt er seine Bedenken in der Konferenz vor, nicken die Kollegen verständnisvoll - und konferieren weiter. Danach klebt der Technikkritiker wieder seine Laptop-Kamera mit einem Post-it zu.

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Der Plauderer

Gestik, Mimik, Körpersprache - in einer Videokonferenz ist all das schwer zu übermitteln. Techniken zum Einhegen besonders redseliger Kollegen werden daher ausgehebelt. Anders gesagt: Man kann jemandem nicht durch einen scharfen Blick bedeuten, dass er sich gerade um Kopf und Kragen redet. Dieser toxischen Gemengelage fällt regelmäßig - oft auch bereitwillig - der Plauderer zum Opfer. Er empfindet die neue Videokonferenz-Welt als äußerst befreiend. Immerhin kann man nebenher schon mal Mails checken.

Der Mitteilsame

Im Homeoffice verschwimmen die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem. Manche kommen ganz gut damit klar - und manche nicht. So jemand ist der Mitteilsame. Im Büro kennt man ihn nur vom Flur, nun erfährt man in einer Videokonferenz en passant wie es um die Verdauung seiner Katze oder seinen Haaransatz bestellt ist. Viel zu schnell wird es viel zu privat. Tendenziell hat er auch kein Problem damit, Einblicke in seine unaufgeräumte Bude zuzulassen. Eine halb leere Flasche Rotwein wegräumen? Ach, das geht auch so.

Der Inszenierer

Für viele Arbeitnehmer ist die Videokonferenz das letzte soziale Highlight des Tages. Für den Inszenierer heißt das vor allem: Showtime! Er sitzt perfekt ausgerichtet in der exakten Mitte vor einer akkurat eingeräumten Bücherwand, die geeignet ist, anderen Kollegen in Größe und Inhalt ein schlechtes Gewissen zu bereiten. Auch Skulpturenkunst ist gelegentlich zu sehen. Der Inszenierer weiß zudem, dass auf dem Bildschirm dasselbe gilt wie auf der Straße: Streifen machen schlank, Karos sorgen für Irritationen.

Jonas-Erik Schmidt, dpa