Wie sind Sie zu dieser Aufgabe gekommen?

Bevor ich bei WeWork angefangen habe, war ich 15 Jahre lang im Bereich nachhaltiges Design und Bauen tätig - zunächst in Frankfurt, dann in ganz Europa. Während dieser Zeit hatte ich außerdem einen Lehrauftrag an der Architectural Association in London, im Bereich Environmental Design. Ich war zufrieden mit meiner beruflichen Situation und habe eigentlich nicht nach einer neuen Stelle gesucht.

Als ich dann aber bei LinkedIn auf die Stellenausschreibung als Head of Sustainability & Wellbeing EMEA bei WeWork stieß, wusste ich: Das ist eine einmalige Gelegenheit, mit einem echten Disruptor zusammenzuarbeiten, der im Begriff ist, eine ganze Branche zu revolutionieren.

Die Mission von WeWork empfand ich schon immer als inspirierend und wann immer ich einen Standort besuchte, war ich gepackt von der energiegeladenen Atmosphäre. Also bewarb ich mich, durchlief den Interviewprozess und einige Wochen später steckte ich schon mitten in Diskussionen darüber, wie man Materialbeschaffungsprozesse bei WeWork verbessern kann.

Welche Eigenschaft hilft Ihnen in Ihrem Alltag am meisten? Warum?

Um Veränderungen wirklich effektiv und vor allem nachhaltig bewirken zu können, brauche ich alle an Bord - von den Kollegen im Einkauf über die Architekten und Designer bis zu den Community-Managern, wir alle müssen an einem Strang ziehen. Oft geht es dabei darum, langfristige Verhaltensveränderungen herbei zu führen, sodass ich mich auch mit klassischen "Change Management"-Prozessen beschäftige.

Klimaschutz ist für viele von uns zu einer wichtigen persönlichen Mission geworden und ich bin stolz darauf, dass unsere Mitarbeiter und Mitglieder unsere ehrgeizigen Ziele nicht nur schätzen, sondern auch selbst alles daran setzen, uns bei der Umsetzung zu unterstützen. Dieser Spirit ist bei meiner täglichen Arbeit eine große Unterstützung.

Was ist Ihnen in Ihrem Job am wichtigsten?

Aus dem Bericht des IPCC über den Klimawandel haben wir gelernt, dass wir noch zwölf Jahre Zeit haben, um die Auswirkungen abzumildern und unseren Planeten vor katastrophalen Ereignissen zu bewahren. Es gibt keinen Plan B und auch keine Entschuldigung dafür, Handlungen aufzuschieben. Daher ist es für uns von entscheidender Bedeutung jetzt zu handeln, aggressive Deadlines für Prozesse festzulegen und gleichzeitig auch langfristige Visionen zu entwickeln.

Wir haben gelernt, dass ein klarer Aufruf zum Handeln am besten ist, um unsere Mitarbeiter und Member an Bord zu holen. Daher ist es mein Ziel, unsere Teams und Mitglieder über die Auswirkungen unserer Maßnahmen zu informieren. Im vergangenen Jahr haben wir uns dazu verpflichtet, in unserem Unternehmen auf Fleisch zu verzichten. Wir bieten bei unseren Veranstaltungen also weder rotes noch weißes Fleisch an und unsere Mitarbeiter können es nicht mehr auf ihre Spesenabrechnung setzen.

Mit diesem Schritt sparen wir bis 2023 um die 202 Millionen Kilo CO2-Emissionen und 62,8 Milliarden Liter Wasser ein. Umgerechnet ist das so viel Kohlenstoff wie nötig wäre, um 35.000 Haushalte für ein Jahr zu versorgen und genügend Wasser, um 200 Millionen Menschen einen Tag zu versorgen. Wenn man diese enormen Zahlen hört, relativieren sich die Anstrengungen sehr schnell und auch die Skeptiker sind überzeugt und ziehen mit.

Schildern Sie möglichst anschaulich ein Projekt, das Sie besonders begeistert hat.

Die Bauwirtschaft ist eine relativ schwierige Branche, die sich in der Vergangenheit wenig innovativ entwickelt hat. Ich habe daher schon immer gern mit kreativen Ideen und innovativen Lösungen experimentiert.

Seit meiner Anfangszeit in Frankfurt habe ich immer wieder an besonders innovativen Projekten gearbeitet: Dazu, wie man den Energieverbrauch von Gebäuden durch Masterplan-Design reduzieren kann, über neuere Projekte wie ein Passivhaus in Schottland, bis hin zu Null-Energie-Konzepten für Schulen. Seitdem weiß ich, dass die Baubranche klimafreundlich sein kann. Und das über alle Klimazonen hinweg: Ich habe kürzlich Urlaub in einem echten Öko-Resort auf den Philippinen gemacht, wo Strom und Warmwasser vollständig durch Solarmodule erzeugt wurden und das gesamte Wasser recycelt und für die Bewässerung wiederverwendet wurde.

Hier gab es sogar Solaröfen, mit dem sie großartiges Essen zubereiteten – ohne Energie! Emissionsfrei funktioniert also auch unter harten klimatischen Bedingungen und auch Luxus ist dabei weiterhin möglich.

Mein Job ist unverzichtbar, weil…

WeWork betreibt mehr als 425 Standorte auf der ganzen Welt, an denen über 400.000 Mitglieder zusammenkommen. Mit dieser Größe und der globalen Präsenz von WeWork geht eine enorme Verantwortung einher, die wir sehr ernst nehmen. Genau das stellt aber eine noch größere Chance dar: In unseren Locations beherbergen wir Tausende von Unternehmen. Durch die Minimierung unseres eigenen ökologischen Fußabdrucks üben wir einen enormen Vorbild-Effekt auf unsere Mitgliedsunternehmen, ihre Gäste, unsere Lieferanten, unsere Nachbarn usw. aus.

Der Erfolg bei der Minimierung unserer Auswirkungen auf die Umwelt ist damit auch ihr Erfolg. Insbesondere kleinen Start-ups oder Gründern, die nicht über die Struktur oder auch Ressourcen verfügen, Umweltziele zu entwickeln, wird es so ermöglicht, nachhaltig zu wirken. Im übertragenen Sinne betrachte ich uns gerne als eine Art Arche Noah. Und ich denke, das ist bei weitem die größte Möglichkeit, die wir haben.

Wenn Sie nicht Head of Sustainability & Wellbeing wären, was wären Sie dann?

Ich war eigentlich von Anfang an auf diesem Karriereweg unterwegs, denn vor allem Nachhaltigkeit war immer ein großes Thema für mich. Daher ist es für mich relativ schwer zu sagen, was ich alternativ machen würde: Nichtsdestotrotz wäre ich manchmal gern David Attenborough!


Autor: Alessa Kästner

ist Absolventin der Burda Journalistenschule und volontierte beim Playboy. Die gebürtige Münchnerin schrieb für Magazine wie ELLE, Focus und W&V und hat zwischendurch auch ein wenig Agenturluft bei fischerAppelt geschnuppert. Als INTERNET WORLD-Redakteurin kümmert sie sich aktuell vor allem um Themen aus den Bereichen E-Commerce, Marketing-Trends, Nachhaltigkeit und Social Media.