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Was für eine verpasste Chance: Anstatt ihre größte Fürsprecherin und Markenbotschafterin nach dem Frustgipfel in Madrid zu protegieren, greift die Bahn Greta Thunberg öffentlich an. Und das völlig zu Unrecht.
Text: Belinda Duvinage
16. Dezember 2019
Foto: Screenshot Twitter/Thunberg
Die Deutsche Bahn hat es total vermasselt. Aufgrund ihrer fehlerhaften Kommunikationstaktik (wobei eine Taktik ja irgendwie eine Strategie voraussetzt, die hier augenscheinlich nicht vorlag), wurde aus einer eigentlich harmlosen Situation ein, ja, man kann es tatsächlich so nennen: Kommunikations-Desaster.
Was ist passiert? Greta Thunberg ist nach ihrer langen Klimareise durch die Welt auf dem Weg nach Hause und verzichtet dabei bekanntlich auf Flugreisen. Am 14. Dezember nimmt sie dazu unter anderem auch einen ICE und twittert ein Foto von sich, umringt von Gepäck, auf dem, Boden sitzend. Im Hintergrund wird auf den Komfort-Check in hingewiesen.
Kein ungewöhnliches Bild, überfüllt sind die Züge oft, Bahnreisende erleben das zur Genüge.
"Traveling on overcrowded trains through Germany. And I’m finally on my way home!", schreibt Thunberg dazu. Gretas Follower äußern sich belustigt, empört, spöttisch.
Und auch die Deutsche Bahn reagiert:
Nicht charmant zwar, aber harmlos.
Was dann aber folgte, war ein Kommunikations-Fail par excellence. Offenbar hatte sich die Kommunikationsabteilung der Bahn zwischenzeitlich einige Hintergrundinformationen beim Bordpersonal eingeholt:
Thunberg habe auf dem Weg von Frankfurt nach Hamburg zwischen Kassel und Hamburg auf einem Sitzplatz in der Ersten Klasse gesessen - also den größeren Teil der Fahrt, die laut Fahrplan knapp vier Stunden dauert.
Man freue sich, so schreibt die Bahn auf Twitter, dass Thunberg "uns Eisenbahner" im Kampf gegen den Klimawandel unterstütze. Und legt dann aggressiv nach: "Noch schöner wäre es gewesen, wenn Du zusätzlich auch berichtet hättest, wie freundlich und kompetent Du von unserem Team an Deinem Sitzplatz in der Ersten Klasse betreut worden bist."
Doch damit schießt sich die Deutsche Bahn endgültig ein Eigentor.
Denn anstatt vorher ordentlich zu recherchieren, greift die Kommunikationsabteilung Greta Thunberg öffentlich an, und das vollkommen unberechtigt: Weil ein ICE ausgefallen war, musste Thunberg in Basel umsteigen - und bis Göttingen auf dem Boden sitzen, wie jeder andere Passagier das auch tun muss. Dort konnte sie dann ihren gebuchten Platz einnehmen. "Das ist natürlich kein Problem und ich habe niemals gesagt, dass es eines wäre", twittert Thunberg am Sonntag. Und ergänzt, sie konnte der Situation auch etwas Positives abgewinnen:
"Überfüllte Züge sind ein großartiges Zeichen, weil das bedeutet, dass die Nachfrage nach Bahnreisen groß ist."
Einmal mehr ist es die 16-jährige Thunberg, die Größe beweist. Die Deutsche Bahn jedenfalls hat sich kleingeistig und aggressiv präsentiert und via Twitter all denen Stärke verliehen, die Thunberg allzu gern kritisieren.
Und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem alle Welt frustriert ist über den Ausgang der Klimakonferenz in Madrid. Dort hatte Thunberg kritisiert, den Politikern wohlhabender Staaten fehle jegliches Gefühl für die Dringlichkeit der Krise.
Liebe Deutsche Bahn, anstatt Eure größte Fürsprecherin und Markenbotschafterin zu protegieren, habt Ihr Euch nach Strich und Faden blamiert. Was für eine verpasste Chance!
Belinda Duvinage mit dpa