Was noch geblieben ist: Thomas Gottschalk und die Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma Grundy Light Entertainment. Denn die ist auch verantwortlich für "Das Supertalent" auf RTL. Senderchefin Anke Schäferkordt und Grundy LE-Chefin Ute Biernat sollen Gottschalk in die Jury neben Dieter Bohlen und Michelle Hunzicker gelockt haben. Dort hat er zwar wieder eine große Samstagabend-Bühne. Für Gottschalk wohl das entscheidende Argument. Ausgeblendet aber haben mag er, was ihn da erwartet. Freaks sollte es mit ihm in der Jury nicht mehr geben. Es ist, nun ja, nicht ganz gelungen. Selbst der einstige Star-Moderator musste reumütig zugeben, dass er sich mit der Show erst anfreunden musste. Die Marke Gottschalk jedenfalls hat stark gelitten und die "Bild" spekuliert schon über seinen Rückzug vom Einzug. Aber immerhin hat er jetzt wieder Zeit für andere Dinge - wie etwa Radio. Für RTL war Gottschalk auch nicht das Zugpferd, das man sich in Köln versprochen haben mag. Die aktuelle Staffel des "Supertalents" erzielt zwar immer noch gute Marktanteile, kommt aber zumeist nicht mehr an alte Erfolge heran – und steht damit exemplarisch für die Performance von RTL im Jahr 2012 insgesamt. Der Branchenprimus ist zwar noch unangefochtener Marktführer, musste aber Quoten-Federn lassen.

Die Probleme von RTL in Köln (man gleicht Quotendellen bei den Großen durch Starts neuer Angebote aus) hätte man 600 Kilometer weiter südlich, in Unterföhring, im vergangenen Jahr nur allzu gern gehabt. Am Sitz des TV-Konzerns ProSiebenSat.1 hatten und haben vor allem die Sat.1-Verantwortlichen tiefe Sorgenfalten im Gesicht. Die Monatsmarktanteile des Senders waren oftmals einstellig. Verschlissen hat man den fünften Geschäftsführer in fünf Jahren: Joachim Kosack gab nur ein kurzes Gastspiel und ging zurück zur Ufa. Mit Nicolas Paalzow hat man einen Mann zurückgeholt, der den Konzern bereits einmal als ProSieben-Chef kennen gelernt hat. Paalzow kam vom Scripted-Reality-Produktionsspezialisten MME Moviement. Seit Oktober ist er dabei - und seine ersten Amtshandlungen haben deutlich gemacht, wo es für Sat.1 hingehen dürfte: mehr Scripted Entertainment. Zunächst will er die Dauerbaustelle Vorabend schließen. Dort startet Ende Januar mit "Patchwork Family" ein Scripted-Format, das von Filmpool Entertainment produziert wird – einer Tochter von Paalzows altem Arbeitgeber MME Moviement.

ProSiebenSat.1-Boss Thomas Ebeling wird sehr daran gelegen sein, die Marktanteile und damit die Werbeerlöse von Sat.1 schnell wieder nach oben zu schrauben – egal mit welchem Programm. Und wenn es mit billig produzierbarer Scripted-Reality ist – sei’s drum. Schließlich hat RTL II vor allem mit "Berlin – Tag & Nacht" in vergangenem Jahr gezeigt, wie man aus Trash Quote macht – und offenbar auch kapitalisiert. In diesem Sinne ließe sich auch die Braut Sat.1 aufhübschen. Von Vorteil könnte das sein, kommt es tatsächlich zum Verkauf des gesamten Konzerns. Spekuliert wurde zuletzt, dass die gerade bekannt gegebene Veräußerung der skandinavischen TV-Sender der Gruppe dafür den Weg ebnen könnte. ProSiebenSat.1 könne den Verkauf für kolportierte 1,3 Milliarden Euro offenbar nutzen, um die Haupteigentümer KKR und Permira zum Ausstieg zu bewegen – hieß es.

Zum Ausstieg jedenfalls hat ProSiebenSat.1 2012 erfolgreich Harald Schmidt bewegt. Neben Gottschalk die zweite aussagekräftige TV-Personalie des Jahres. Schon wenige Monate nach seinem Wechsel zu Sat.1 haben die Unterföhringer Schmidt mitsamt seiner Late-Night-Show wieder vor die Tür gesetzt. Dirty Harry brachte nicht die erhoffte Quote, also musste auch der letzte verbliebene Sat.1-Imageträger gehen. Es dauerte allerdings nicht lange – und Schmidt war wieder da. Jetzt beim Pay-TV-Anbieter Sky. Für den Bezahlanbieter war 2012 ohnehin ein äußerst erfolgreiches Jahr: Das Image und die Wahrnehmung von Pay-TV haben sich deutlich verbessert, Sky-CEO Brian Sullivan ist es im vergangenen Jahr gelungen, zwei Quartale profitabel zu wirtschaften, die Abonnentenzahl ist stetig gestiegen. Damit das so bleibt, hat Sullivan tief in die Tasche gegriffen und für insgesamt rund zwei Milliarden Euro die Bundesligarechte für vier Spielzeiten ab 2013 erworben. 

Nach Sullivans Rechnung muss es also dringend noch bis mindestens 2017 Fernsehen geben. Das bedeutet allerdings: Auch in den kommenden fünf Jahren wird es am Ende keinen Grund geben, sentimental zu werden. Aber Rückblicke sind immer eine Lösung.