Global Entertainment & Media Outlook:
PWC rechnet mit Umsatzverdopplung bei Streaming bis 2023
Laut Beratungsfirma PWC ist das die nächste Revolution in der weltweiten Medienbranche: Streaming profitiert massiv von der Individualisierung des Nutzerverhaltens.
Innerhalb von gut vier Jahren haben die meisten von uns ihr Mediennutzungsverhalten, insbesondere Bewegtbild betreffend, deutlich verändert: 2014 hat der Onlinehändler Amazon sein Servicepaket Prime um Videostreaming ergänzt, im gleichen Jahr nahm Netflix den Betrieb in Deutschland auf.
Und heute? Hat Netflix in Deutschland hochgerechnet mehr als 5 Millionen Abonnenten, Amazon Prime rund 10 Millionen. Parallel dazu wuchs Googles Youtube in diesem Zeitraum weiter: 2013 verzeichnete die Plattform weltweit rund 1 Milliarde monatlich aktive Nutzer. Mittlerweile fast doppelt so viele. Vor allem junge Menschen ziehen Video on Demand (VoD) und Onlinevideos dem klassischen Fernsehen vor. Knapp die Hälfte der 12- bis 19-Jährigen schaut regelmäßig bei Netflix rein, mehr als ein Fünftel bei Amazon, zwei Drittel zählen Youtube zu ihren liebsten Onlineangeboten. Ein Ende der Wachstumskurve ist somit nicht abzusehen.
Das hat den Fernsehmarkt individualisiert. Und die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC prognostiziert, dass die weltweite Unterhaltungsindustrie vor weiteren Umbrüchen steht und die Personalisierung der Medienangebote weiter zunimmt. Das geht aus dem "Global Entertainment & Media Outlook 2019-2023" hervor.
Eine Welt voller Programmchefs
"Nachdem die lineare Mediennutzung in den vergangenen Jahren mehr und mehr vom On-Demand-Konsum ergänzt und teilweise sogar substituiert wurde, steht nun die nächste Revolution bevor. Die Nutzer möchten ihre Medienangebote zunehmend persönlich maßschneidern", sagt Werner Ballhaus, Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation bei PwC in Deutschland. "Anbieter, die verstärkt auf das neue Nutzerbedürfnis eingehen, werden ihre Erlöse in den nächsten Jahren noch einmal deutlich steigern. Allen anderen droht der weitere Verlust von Marktanteilen."
Die größten Profiteure dieser Entwicklung dürften laut PwC-Studie Videostreaming-Portale wie Netflix, Amazon Prime, Dazn und Eurosport Player sein - es boomen also vor allem Abo-Streamingdienste (Subscription-VoD; SVoD), kaum noch wachsen sollen hingegen die Einnahmen mit Einzelabrufen (Transactional VoD), etwa Apples iTunes.
Im vergangenen Jahr kamen die OTT (Over the top) genannten Anbieter weltweit bereits auf Umsätze in Höhe von 38,2 Milliarden Dollar. Bis 2023 prognostiziert der Globale Entertainment & Media Outlook nochmals eine markante Steigerung ihrer Erträge auf 72,8 Milliarden Dollar - das würde ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 13,8 Prozent bedeuten. "Angesichts des mittlerweile hohen Ausgangsniveaus sind das imposante Zuwachsraten", sagt Ballhaus.
Nicht ganz so intensiv, aber dennoch spürbar wachsen soll PwC zufolge aber durchaus die gesamt Medien- und Unterhaltungsbranche. Das individuellere Nutzerverhalten könnte dem Markt in den nächsten fünf Jahren jährliche Zuwächse von 4,3 Prozent einbringen, prognostizieren die Analysten. Damit würde der Gesamtumsatz der weltweiten Medien- und Unterhaltungsindustrie von zuletzt etwa 2,1 Billionen auf rund 2,6 Billionen Dollar steigen.
Werbeerlöse aus E-Sport, Podcasts und VR
Denn die neuen Kanäle eröffnen neue Werbewege. Am stärksten, sagt PwC, dürften die Werbeerlöse aus dem Segment Podcasts zulegen, dem die Studie ein durchschnittliches Wachstum von 28,5 Prozent im Jahr zutraut. Virtual Reality (VR) könnte - getrieben von der Einführung von 5G und vom Videospiele-Angebot - mit einem durchschnittlichen jährlichen Plus von 22,2 Prozent rechnen, die E-Sport-Branche mit 18,3 Prozent.
Hier erklären sich die deutlichen Zuwachsraten aber auch damit, dass das Umsatzniveau noch nicht so hoch ist. Aktuell erzielt Virtual Reality PwC zufolge 2,2 Milliarden Dollar Jahresumsatz, die Werbeerlöse von Podcasts liegen bei 0,9 Milliarden, E-Sport bringt 0,8 Milliarden ein.
Die Wachstumszahlen - beziehungsweise die Gattungen, die hier fehlen - lassen es schon vermuten: Es gibt auch Verlierer. Dazu gehört einmal mehr Print, außerdem das Abo-Fernsehen.
Sinkende Erlöse sehen die PwC-Experten für das Segment Zeitungen und Publikumsmagazine (pro Jahr rund 2,3 Prozent Minus). Der klassischen Fernseh- und Heimkinobranche prophezeit die PwC-Studie bis 2023 jährliche Verluste von 0,7 Prozent. Die gute Nachricht für die Fernsehsender: Der große Verlierer ist der physischen Heimkinomarkt (also zum Beispiel DVDs) mit durchschnittlich 12,6 Prozent im Jahr.
Rückläufige Einnahmen drohen laut PwC-Prognose außerdem dem abofinanzierten linearen Fernsehen; das werbefinanzierte Fernsehen hingegen könnte laut Analyse zulegen, voraussichtlich um durchschnittlich rund 1,5 Prozent pro Jahr. Einnahmeeinbußen kompensieren lassen sich hier mit Werbung auf den Online-Abspielkanälen werbefinanzierter Sender: Zuwächse von 8,5 Prozent stehen laut Global Entertainment & Media Outlook der Online-TV-Werbung bevor. Denn hier greift wieder, dass die Nutzer selbst entscheiden, was sie wann, wo und wie lange sehen möchten.
Transformation, jetzt!
"Dass sich der Trend zur digitalen Mediennutzung fortsetzt beziehungsweise sogar noch einmal verstärkt, bedeutet nicht, dass die klassischen Anbieter automatisch auf verlorenem Posten stehen", sagt Werner Ballhaus. "Es heißt lediglich, dass der Druck steigt, die Geschäftsmodelle zu transformieren."
So gut wie ausgedient hat zum Beispiel, schlussfolgert Ballhaus, das Modell Bündelangebot der großen Kabel- und Netzanbieter. "Anbieter, die nicht nur den Geschmack des Publikums treffen, sondern auch verstehen, wie die Menschen heutzutage Inhalte konsumieren möchten, haben alle Chancen, am künftigen Wachstum der Branche zu partizipieren."
Den Global Entertainment & Media Outlook gibt PwC seit 20 Jahren heraus, er deckt die Unterhaltungs- und Medienbranche in 53 Ländern und 14 Segmenten ab (Buchmarkt, Business-to-Business, Kinomarkt, Datenkonsum, Internetzugang, Außenwerbung, OTT-Videomarkt, Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt, Musik-, Radio- und Podcast-Mark, Internetwerbung, TV-Werbung, Videospiele, E-Sport, Virtual Reality, Fernseh- und Heimkinomarkt).
Dafür sammeln die Berater Marktdaten aus verschiedenen Quellen und kombinieren sie mit Fachinterviews mit Marktkennern.