Mit einem sicheren Gespür für die richtigen Fragen

In dem sieben Folgen langen Podcast versucht der Zeit-Redakteur Bastian Berbner herauszufinden, was wir tun können, damit Hass die Gesellschaft nicht zerreißt. Das macht er klug und mit einem gnadenlos sicheren journalistischen Gespür für die richtigen Fragen. Anhand von einzelnen Geschichten legt er dar, dass Vorurteile, Hass und Argwohn schwächer werden oder sich ganz auflösen, wenn sich Menschen begegnen und miteinander in Kontakt treten. Hintergrund seiner Recherche ist die wissenschaftliche Feststellung von Sozialpsychologen, dass sich etwas verändert, wenn Menschen sich begegnen.

Die wissenschaftliche Einordnung macht die Einzelfälle, die Berbner hervorgekramt hat, so besonders. Und statt ermüdender Abhandlungen hat der Journalist einen äußerst klugen und unterhaltsamen Dreh gefunden, um das theoretische Gerüst zu diskutieren. Ohne sie konkret zu briefen, hat er sich die Journalistin Alexandra Rojkov an die Seite geholt. Sie übernimmt die Rolle der Fragen- und Infragestellerin, zweifelt und diskutiert und gibt so dem gesamten Podcast eine weitere und noch tiefere Ebene. Auch deshalb, weil Berbner und Rojkov vertraut und freundschaftlich miteinander reden können - auch wenn sie ununterbrochen seine Rechercheergebnisse und selbst wissenschaftliche Ergebnisse hinterfragt. Durch den lockeren und entspannten Ton wird der Podcast nie belehrend oder lehrerhaft sondern behält trotz der Schwere des Themas eine Leichtigkeit, die einem zum stetigen Weiterhören animiert.

"180 Grad - Geschichten gegen den Hass" ist Unterhaltung auf höchstem Niveau und zugleich ein gewagtes Experiment, in einem Podcast nicht nur Fragen aufzuwerfen, sondern Antworten zu finden auf eine der größten Themen der aktuellen Zeit. Bei diesem Prozess dabei zu sein, ist spannend auf allen Ebenen. Der Podcast ist aufwändig und mit viel Liebe zum Detail produziert. Und das ist zu hören. Wer lernen will ohne belehrt zu werden, der ist hier genau richtig. Besser kann Podcast nicht sein.


Lena Herrmann
Autor: Lena Herrmann

hat bei der W&V ihr journalistisches Handwerkszeug gelernt und dort viele Jahre lang hauptsächlich markenstrategische Themen verantwortet, bevor sie sich als freiberufliche Journalistin und Podcast-Redakteurin selbstständig gemacht hat. Zudem hat sie die Podcast-Formate der W&V maßgeblich entwickelt und betreut. Sie ist Podcast-Host und steht regelmäßig als Moderatorin auf der Bühne.