Was ist dann aber noch wirklich „brand-safe“? Björn Radau, Marketingdirektor des Videovermarkters Teads, sieht etwa auch Pre-Rolls grundsätzlich vor dem Problem stehen, dass die nachfolgenden Videos inhaltlich bisher nicht analysiert werden können, die Unternehmen und ihre Agenturen also allein auf das Auslesen von Textinhalten angewiesen sind, die den Content beschreiben. „Pre-Roll-Videos sind für Brand-Safety blind“, sagt er. „Auch wenn Youtube etwas anderes behauptet und jetzt angeblich auch Bewegtbild analysieren kann.“
Dass dies eben aber immer noch nicht hundertprozentig funktioniert, bewies vor wenigen Wochen das nächste bekannt gewordene Malheur. Youtube-Videos, in denen behauptet wurde, dass HIV ungefährlich sei und nicht zu AIDS führe, liefen mit vorgeschalteter Werbung von Toyota und Mercedes-Benz.
Ähnliche Vorfälle ließen bereits Verizon, AT&T und andere US-Konzerne ihre Werbung auf Youtube stoppen.
Wie garantieren Vermarkter ein Umfeld, das „brand-safe“ ist? Bei Teads taxiert man das Markenrisiko auf weniger als ein Prozent – gewährleistet durch eine Kombination von Premium-Publishern, das zuverlässige Auffinden der Keywords aus Black- und Whitelists sowie die feste Integration des Werbevideos, die verhindert, dass mögliche Hetz-Kommentare auf der Seite erst lange nach dem Spot zu sehen sind.

Blacklists, die bestimmte Inhalte von Werbung ausschließen, sind bei Onlinewerbung schon seit einiger Zeit Standard. Inzwischen jedoch sogar so sehr, dass das Pendel manchmal in die andere Richtung ausschlägt. „Viele Kunden schließen zu viele Umfelder und Seiten aus oder stellen ihre Targetings beziehungsweise Frequency-Cappings zu strikt ein, sodass es dann nicht mehr mit dem Wunsch nach schnellem Reichweitenaufbau und hohem Werbedruck zusammenpasst“, berichtet Mölling.
Auch Oliver Hülse, Managing Director von Integral Ad Science für Zentral- und Osteuropa, spricht davon, dass es zur „Unterlieferung“ besonders bei sehr spitzen Zielgruppen kommen kann, wenn die Unternehmen zu viele Themen blocken bei gleichzeitig hoher Preissensibilität. Aber: „Wir sprechen hier von Echtzeit“, sagt Hülse. „Sind die Kriterien zu streng eingestellt, lässt sich das in Absprache mit dem Kunden auch sofort ändern.“ Was dafür zuallererst nötig ist: ein Brand-Safety-Budget, um Dienstleister wie IAS überhaupt darüber wachen lassen zu können, dass die Werbeziele auch wirklich erreicht werden. Spezialisten sind dabei nicht die einzigen, die das heiße Thema bearbeiten. Auch klassische Agenturen haben es als neues Geschäftsfeld entdeckt. Bei Group M verantwortet der Digitalexperte Joe Barone den Bereich Brand Safety Americas, in Deutschland hat die Frankfurter Mediaagentur UM die Vorreiterrolle übernommen. Sicher, „Qualität gibt es nicht umsonst“, meint Shirley Marschall. Aber wer darauf Wert lege, dass seine Werbegelder nicht verpuffen oder die Marke gar beschädigen, so die neu für Brand-Safety verantwortliche Head of Digital Strategy von UM, der komme spätestens jetzt um Brand-Safety-Maßnahmen nicht länger herum.