Lobbying gegen Amazon:
Amazon als Opfer einer gezielten Anti-Kampagne
In den vergangenen Monaten nahmen die Negativ-Schlagzeilen über den E-Commerce-Riesen Amazon stark zu. Dahinter steckt offenbar eine konzertierte Aktion mehrerer großer US-Rivalen.
Seit 18 Monaten greift die gemeinnützige US-Initiative "Free and Fair Markets" (FFMI) immer wieder den US-E-Commerce-Riesen Amazon an. Kritik hagelte es unter anderem wegen des unsorgfältigen Umgangs mit Kundendaten, Wettbewerbsbehinderung und miserable Arbeitsbedingungen und Bereicherung durch staatliche Subventionen. Dabei stützte sich die Initiative auf normale Menschen aus dem Volk, darunter ein Gewerkschafter, ein Management-Professor aus Boston und ein kalifornischer Geschäftsmann.
Die Initiative nahm Einfluss bei der US-Regierung, schickte Dutzende von Briefe und Berichte an US-Abgeordnete, veröffentlichte Gastkommentare in lokalen Zeitungen und Online-Medien und kritisierte Amazon in Hunderten von Social-Media-Postings. Diese verfehlten ihre Wirkung nicht. Das US-Justizministerium und die Federal Trade Commission nahmen kartellrechtliche Untersuchungen auf. Auch die EU reagierte auf die zunehmend negativ geprägten Schlagzeilen gegen den E-Commerce-Riesen. Auch dass Amazon aufgrund von massiver öffentlicher Proteste letzten Endes darauf verzichtete, ein zweites Headquarter auf Long Island zu eröffnen, geht teilweise auf die Lobbyarbeit von Free and Fair Markets zurück.
Doch jetzt enthüllte das Wall Street Journal: Hinter der vermeintlich gemeinnützigen Initiative stecken handfeste wirtschaftliche Interessen. Denn finanziert wurde die Initiative von den Amazon-Konkurrenten Walmart, Oracle und dem Shopping-Center-Betreiber Simon Property Group. Die Organisation hat mit Marathon Strategies ein Spezialist für strategische Unternehmenskommunikation übernommen, der ganz zufällig auch für Amazon-Konkurrenten arbeitet.
Und es wird noch brisanter. Denn die vermeintlichen Mitglieder aus dem Volk wussten gar nichts von ihrer Mitgliedschaft in der FFMI. Dem Professor aus Boston war zwar bekannt, dass die Gruppe in seinem Namen einen Amazon-kritischen Gastkommentar schrieb, aber nicht, dass er offiziell als Mitglieder der Initiative aufgeführt wurde. Und der kalifornische Geschäftsmann starb bereits Monate bevor sein Name in der Mitgliederliste auftauchte.
Auf Nachfrage des Wall Street Journal bestätigte Oracle die Beteiligung an der Initiative. Walmart dementierte die finanzielle Unterstützung, solidarisierte sich aber mit den Zielen der Organisation. Laut WSJ soll der Einzelhändler die Finanzierung über einen Mittelsmann regeln. Und die Simon Property Group bestritt jegliche Partizipation an der Aktion. Free and Fair Markets selbst will seine finanziellen Unterstützer ebenfalls nicht öffentlich machen. Dazu sei man nicht verpflichtet, so das offizielle Statement.