Jeder Bot braucht Persönlichkeit

Die große Herausforderung bei konversationsgetriebenen Anwendungen liegt darin, sie nicht als austauschbare Service-Touchpoints einfach nur bereitzustellen. Vielmehr gilt es, ihr Potenzial zu heben: das Branding und damit die Erschaffung eines stark differenzierenden und involvierenden Markenerlebnisses. Echte Dialoge, also wirklich smart designte Conversational User Interfaces machen die Persönlichkeit einer Marke besser erfahrbar als jedes einseitig kommunizierende Werbemittel, auch als jeder Viral, der für eine gewisse Zeit durch die Weiten des Internets schwirrt.

Damit Conversational User Interfaces ihr Potenzial entfalten können, brauchen sie eine zur Marke passende Persönlichkeit mit spezifischen Charakterzügen und Verhaltensweisen. Die Erarbeitung einer Bot-Persönlichkeit ist eine zwingende Notwendigkeit, um Dialoge und Conversational Experiences zu designen, die über die reine Technologieanwendung hinausgehen und die Marken wirklich erlebbar, sie zu einem echten Dialogpartner machen.

Die Bot-Persönlichkeit gestalten

Bei der Entwicklung einer Voice- oder Messenger-Bot-Persönlichkeit sollte man fünf grundlegende Aspekte beachten:

  1. Designen Sie die Voice- oder Messenger-Persönlichkeit als User Experience. Jede Conversational Anwendung, jeder Bot übernimmt eine Rolle, die nicht 1:1 mit der Rolle der Marke im Allgemeinen übereinstimmen muss, sondern sich in erster Linie nach den Bedürfnissen des Users richtet.
  2. Behalten Sie den Kontext im Auge. Nicht jede Persönlichkeit ist für jede Aufgabe einsetzbar. Je nach Kontext und Situation können Facetten der Persönlichkeit stärker oder schwächer in den Vordergrund treten.
  3. Trennen Sie Persönlichkeit und Verhalten voneinander. Eine Persönlichkeit und ihre Merkmale sollten konsistent sein und bleiben. Was sich verändern kann, ist das Verhalten des Bots – je nachdem, in welcher Beziehung er zum User steht und wie gewachsen dieses Beziehung ist.
  4. Definieren Sie Know-How und Skills. Allgemeinwissen oder spezialisierte Themengebiete? Es ist von Vorteil zu wissen und zu definieren, in welchen Themen sich der Bot auskennen muss, welchen Content er braucht und welche Wissensfelder nicht in seine Kernkompetenz fallen.
  5. Schaffen Sie eine glaubhafte und konsistente User Experience. Chatbots und Voice-Assistents müssen das halten, was ihre Persönlichkeit den Nutzern verspricht. Nur wer es schafft, die Erwartungshaltung der Nutzer an das Conversational Design glaubhaft zu erfüllen, bewegt sie dazu, immer wiederzukehren.

Prozess bleibt Prozess

Wie jedes Designprojekt kommt auch ein Conversational User Interface-Projekt nicht ohne eine Prozessplanung aus. Von Vorteil ist es dabei, sich im Vorfeld zu überlegen, was ein Chatbot oder Voice-Assistent mindestens können muss. Diese fünf Schritte sind für einen Conversational Design-Prozess grundlegend:

  • Ziele definieren: Was ist das Businessziel, welches Problem muss der Bot lösen? Was sind die Userziele, welche Use Cases können definiert werden? Welche Markenziele gibt es, welche Rolle soll der Bot im Markenkontext spielen?
  • Charaktere entwickeln
  • Dialoge schreiben: Das Herzstück eines jeden Bots ist der Dialog. Er sollte vor allem die Persönlichkeit und Verhaltensweisen des Bots erfahrbar machen, aber eben auch den User zu jedem Zeitpunkt des Dialoges in seinen Bedürfnissen abholen, sich menschlich anfühlen, ohne vorzugeben, dass er von einem echten Menschen ausgeht.
  • Eine klare Übergabe planen: Ein Konzept beweist sich in seiner Umsetzung. Bot-Konzepte müssen für die Umsetzung an Entwickler übergeben werden. Im Idealfall werden Form und Zeitpunkt der Übergabe schon vorab mit ihnen geklärt. Ein möglicher Ansatz sind Dialog-Flowcharts in Ergänzung zu fertig geschriebenen Dialogen.
  • Testen, analysieren und verfeinern.

Konversationen entwickeln sich zwischen Charakteren. Conversational Designer sollten sich im Prozess beider Gesprächsseiten bewusst werden. Dazu hilft es, die Bot Persona – ob Chat oder Voice – als auch User Personas, basierend auf potenziellen Nutzungsgruppen, zu kreieren.

Chatbots sind niemals final. Deswegen ist es wichtig, von Beginn an Analysetools zu integrieren und ein Analyse Setup zu definieren. Auch nach Go-Live kann und sollte der Bot laufend optimiert und verfeinert werden.
Die Frage, die sich Unternehmen in Zukunft stellen müssen, ist nicht, ob sie Conversational Touchpoints in ihren Marketingmix integrieren, sondern wie. Denn nur wer Bots mit Persönlichkeit entwickelt, schafft es, seine Marke erfahrbar zu machen und damit erst das volle Potenzial eines Conversational Interfaces auszuschöpfen.

Autorin:

Julia Jarosch ist Senior Brand Innovation Strategist bei der Designagentur think moto.

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Autor: W&V Gastautor:in

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