Hasskriminalität im Netz:
Internetunternehmen sollen Passwörter herausgeben
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung gegen Hassrede sieht vor, dass Internet-Unternehmen Passwörter ihrer Kunden auf Ersuchen an die Sicherheitsbehörden herausgeben müssen. Das sorgt für Kritik.
Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sollen zukünftig verpflichtet werden, Drohungen, Straftaten und Hetze im Netz an die Behörden zu melden. Wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommen, drohen den Plattformen nach einem neuen Gesetzentwurf des Justizministeriums Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro.
Doch damit nicht genug: Der Entwurf für ein Gesetz gegen Hasskriminalität sieht außerdem vor, dass Sicherheitsbehörden künftig das Recht erhalten sollen, Internetunternehmen wie Google oder Facebook zur Herausgabe von Passwörtern ihrer Kunden zu zwingen, wie unter anderem die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Herausgabe von Bestandsdaten
Demnach sollen "Bestandsdaten" herausgegeben werden, "mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird".
Bislang darf der Staat keine Kommunikation über Messengerdienste überwachen. Weil es aber jüngst immer wieder zu Verabredungen zu Gewalttaten wie dem Anschlag von Halle auf diesem Wege kam, möchte die Bundesregierung die Zugriffsmöglichkeiten und damit einhergehenden Kompetenzen der Sicherheitsbehörden nun erweitern.
Massive Kritik von Bitkom
Der Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder des Internet-Branchenverband Bitkom äußert in einem Gespräch mit dem Online-Magazin IT-Times massive Bedenken: "Unstrittig ist, dass Online-Plattformen und soziale Netzwerke im Kampf gegen Hasskriminalität zur aktiven Mitwirkung verpflichtet sind. Doch das jetzt vorgestellte Gesetz wirft Grundwerte über Bord, die unser Zusammenleben online wie offline seit Jahrzehnten prägen."
Für hochproblematisch hält Rohleder demnach vor allem, dass die Polizei künftig auf einfaches Ersuchen hin die Nutzerpasswörter von allen Telemediendiensteanbietern verlangen kann – ohne richterlichen Beschluss.
"Kritisch sehen wir zudem die Verpflichtung für Diensteanbieter, eventuell strafbare Inhalte nicht nur zu löschen, sondern sie unaufgefordert mitsamt der IP-Adresse und Portnummer des Nutzers dem Bundeskriminalamt mitzuteilen. Gerade bei Meinungsäußerungen ist die Strafbarkeit in vielen Fällen keineswegs offensichtlich. Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass Inhalte und Daten von völlig harmlosen Nutzern, die sich nichts zu Schulden kommen ließen, an das BKA weitergeleitet werden. Unverhältnismäßige Eingriffe in die Privatsphäre der Nutzer sind damit vorprogrammiert", sagt Rohleder.
Und auch die FDP äußert Kritik. Dies sei ein "katastrophales Zeichen für die Bürgerrechte und die IT-Sicherheit", sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, dem Handelsblatt.
Auf Anfrage der FAZ teilte das Bundesjustizministerium zwar mit, dass der Richtervorbehalt unangetastet bleibe. Strafrechtsfachleute weisen jedoch darauf hin, so schreibt die FAZ, dass die Billigung durch den Richter im Massengeschäft in der Regel kein Problem darstellt.
Belinda Duvinage mit dpa