Die "New York Times" sprach ebenfalls von einer "Abkehr" der Praktiken früherer Präsidenten. "Während frühere republikanische Regierungen Eingriffe der Regierung in den Markt ablehnten, hatte Herr Trump keine Skrupel, eine härtere Gangart einzuschlagen", schrieb das Blatt. Die Nachrichtenagentur Bloomberg urteilte: "Es wäre mit Blick auf die jüngere Geschichte beispiellos, wenn die US-Regierung einen Anteil an einer Transaktion zwischen Unternehmen einziehen würde, an denen sie nicht beteiligt ist."

Das chinesische Außenministerium warf den USA am Dienstag vor, gegen Grundsätze der Marktwirtschaft und die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) zu verstoßen. Es handele sich um "pures Mobbing", sagte Ministeriumssprecher Wang Wenbin in Peking. Kritik kam auch von Chinas Staatsmedien. China werde den "Diebstahl" eines Technologieunternehmens durch die USA nicht akzeptieren, kommentierte die Tageszeitung "China Daily" in einem Leitartikel. Man habe "viele Möglichkeiten", sich zu rächen.

Die US-Regierung warnt schon länger vor der angeblichen Gefahr, dass über Tiktok Daten von Amerikanern in die Hände chinesischer Behörden geraten könnten. Zugleich will Trump Pekings Einfluss in den USA mit aller Macht zurückdrängen. Auch andere chinesische Konzerne wie die Telekom-Riesen Huawei und ZTE bekamen dies schon zu spüren. Im Fall Tiktok wird auch die Gefahr einer politischen Einflussnahme oder Zensur von Inhalten im Sinne Pekings angeführt.

Tiktok ist eine Videoplattform mit Hunderten Millionen Nutzern weltweit. Nutzer können dort eigene Clips hochladen oder Videos von anderen ansehen. Der Eigentümer Bytedance bemüht sich schon seit einiger Zeit, seine internationale Plattform von der chinesischen Version zu trennen. Tiktok versichert, Chinas Regierung habe keinen Zugriff auf Nutzerdaten und habe dies auch nie verlangt. Die Daten von US-Nutzern würden sowieso in den USA gespeichert und verarbeitet.

In Festland-China gibt es nur die zensierte Version Douyin. Als Chef von Tiktok wurde jüngst der Disney-Manager Kevin Mayer geholt, der bei dem Unterhaltungskonzern lange als Kronprinz galt. Zuletzt hatte Microsoft sich nach massivem politischen Druck aus dem Weißen Haus in Stellung gebracht, von Tiktok Teile des Geschäfts zu übernehmen. Wie viel Microsoft zahlen müsste, ist unklar. Es dürfte um einen zweistelligen Milliardenbetrag gehen. In den USA hat Tiktok nach eigenen Angaben 100 Millionen Nutzer.

Auf W&V-Anfrage wollte ein Microsoft-Sprecher die laufenden Gespräche mit Tiktok nicht kommentieren, verwies stattdessen auf einen Blogpost des Unternehmens. Darin begrüßt Microsoft unter anderem das persönliche Engagement Trumps und das der US-Regierung bei der weiteren Entwicklung "starker Sicherheitsvorkehrungen für das Land."


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Autor: W&V Redaktion

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