Wann planen Sie eine Rückkehr in die Büros? In welchem Umfang?

Die Sicherheit unserer Mitarbeitenden hat für uns oberste Priorität. Wir beobachten die Entwicklung der Lage deshalb sehr genau und werden unsere Kolleg*innen erst dann wieder in die Büros zurückholen, wenn für alle Beteiligten kein Gesundheitsrisiko mehr besteht. Realistisch gesehen wird es jedoch noch einige Monate dauern, bis wirklich alle zurückkehren können. Aktuell testen wir deshalb hybride Strukturen, d.h. ein Teil der Mitarbeitenden arbeitet weiterhin von zu Hause, einige in unseren Büros. Natürlich achten wir sehr darauf, das Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten, gegenwärtig dürfen unsere Büros deshalb maximal zu zehn Prozent ausgelastet sein, um die Sicherheitsabstände in jedem Fall einhalten zu können. Zur Rückkehr verpflichtet ist selbstverständlich niemand: Adobe hat entschieden, dass alle Mitarbeitenden mindestens bis zum 31. Juli 2021 von zu Hause arbeiten können – dann sehen wir weiter.

Verändern Sie jetzt die bisherigen Vereinbarungen zum Thema Homeoffice?

Wir haben unseren Mitarbeitenden schon immer die Möglichkeit geboten, ihren Arbeitsplatz flexibel zu wählen. In Bezug auf die Regelungen ändert sich deshalb nicht allzu viel. Für uns ist die aktuelle Situation eher ein Anstoß, noch stärker in digitale Strukturen zu investieren und den Kulturwandel konsequent weiterzudenken. Die Arbeit im Homeoffice soll auch langfristig, über die Krise hinaus, fester Bestandteil des Arbeitsalltags bleiben. Das heißt auch, Arbeitsprozesse neu zu definieren und nahtlose Arbeitsabläufe zu gewährleisten – egal, wo unsere Mitarbeitenden sich befinden.

Wie sind Ihre Mitarbeiter fürs Homeoffice technisch gerüstet und müssen Sie da evtl. nachjustieren?

Für das mobile Arbeiten waren wir bereits vor der Krise gut aufgestellt. Klar ist aber auch: Wenn Mitarbeitende wochen- oder monatelang von zu Hause arbeiten, wird nur aus einem mobilen Laptop noch lange kein geeigneter Arbeitsplatz. Deshalb haben wir allen Kolleg*innen eine Pauschale in Höhe von 500 Dollar zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus unterstützen wir in einigen Fällen mit anteiligen Kostenübernahmen für Internetzugänge. Gerade angesichts der Krise gehören zum Arbeiten von zu Hause jedoch mehr als Mobiliar, Technologie und finanzielle Unterstützung.

Die mentale Gesundheit unserer Mitarbeitenden ist für uns selbstverständlich ein zentrales Anliegen. Daher bieten wir unseren Mitarbeitenden über verschiedene Angebote auch bei der Bewältigung dieses Aspekts der Krise Unterstützung an. Für mich als Familienvater eine besondere Geste: Um ein gemeinsames Durchatmen zu ermöglichen, hat Adobe außerdem allen Mitarbeitenden weltweit am Tag der Familien der UN am 15. Mai freigegeben.

Konferenzraum bei Adobe in Basel

Konferenzraum bei Adobe in Basel

Welche Zwischenbilanz ziehen Sie beim Thema Homeoffice für Ihr Unternehmen? Wo hat es gut geklappt, wo lagen Schwierigkeiten?

Wir sind froh, dass unsere internen Prozesse ohne größere Unterbrechung direkt weiterlaufen konnten. Mit unseren Kunden bestanden diese Routinen nicht im gleichen Maße, deshalb mussten wir uns erst noch miteinander einspielen. Wir haben uns da aber sehr schnell eingefunden, inzwischen läuft auch der externe Kontakt genauso flüssig wie vor der Krise. Natürlich haben auch persönliche Treffen ihre Vorteile, und so haben wir auch schon wieder für einige notwendige Termine vor Ort Ausnahmeregelungen definiert. Im Großen und Ganzen haben wir uns aber mit unseren Kunden eingespielt, Termine digital durchzuführen, wenn es nicht unbedingt notwendig ist, gemeinsam am Tisch zu sitzen. Das führt zu kreativen Vorgehensweisen wie beispielsweise das interaktive Nutzen von einem digitalen Whiteboard oder die Eröffnung eines Workshops mit einer Session von „Lego Serious Play“ vom Homeoffice aus, für die alle Teilnehmer vorab Legosteine zugeschickt bekommen hatten.

An welchen Stellen sehen Sie Verbesserungspotenzial?

Auf technischer Ebene sind wir sehr gut aufgestellt. Als nächste Herausforderung sehe ich, unsere Prozesse der Zusammenarbeit auf hybride Strukturen umzustellen – schließlich wollen wir auch über die Krise hinaus an der flexiblen Wahl des Arbeitsplatzes für unsere Mitarbeitenden festhalten. Doch gerade, wenn ein Teil der Belegschaft weiterhin von zu Hause arbeitet und ein Teil wieder zurück im Büro ist, kann es zu Dysbalancen im Informationsaustausch kommen, bei dem die zu Hause Arbeitenden "außen vor" bleiben. Dem wollen wir mit entsprechenden Projektmanagement-Tools und klaren Meetingstrukturen begegnen, um stets alle auf dem Laufenden zu halten und Abstimmungsprozesse effizient zu gestalten. In diesem Bereich haben wir in den letzten Monaten sehr viel gelernt und Fortschritte gemacht, wie z.B. die Einführung einer Videokonferenz-freien Zeit von 12-14 Uhr.

Darüber hinaus beschäftigt uns aber auch die Frage, wie wir den Teamzusammenhalt weiterhin aufrechterhalten können. Denn wenn zufällige Begegnungen auf dem Flur oder in der Kaffeeküche ausbleiben und sich Teammitglieder nicht kurzfristig über die Schreibtische hinweg austauschen können, bleibt nicht nur der ungelenkte Gedankenaustausch auf der Strecke, der oft entscheidende Entwicklungen anstößt. Auch das Teamgefühl leidet unter dem fehlenden sozialen Austausch. Ich sehe das als kontinuierliches Learning: Wir probieren verschiedene Formate aus, egal ob Möglichkeiten für die ganze Belegschaft, mit der Geschäftsführung in regelmäßigen Terminen in Austausch zu treten und Fragen zu stellen oder auch das freiwillige Feierabendgetränk in lockerer Videorunde. Wir behalten bei, was funktioniert und verbessern, was noch nicht optimal passt.

Was heißt das für Ihr Gebäudemanagement? Brauchen Sie mehr/weniger Raum? Oder anders gestaltete Flächen?

Aktuell und in den kommenden Monaten arbeiten alle unsere Mitarbeitenden von zu Hause, die Frage ist deshalb nicht akut. Allerdings haben wir unserer Offices bereits entsprechend ausgerüstet und umgebaut. Türen lassen sich beispielsweise mit den Ellenbogen öffnen, Desinfektionsstationen sind überall verteilt, es gibt zahlreiche Hinweise auf Abstandswahrung und Verhaltensregeln und auch die Sitzordnung wurde angepasst und garantiert zum Beispiel, dass keiner direkt am Gang sitzen muss. So wollen wir das Kontaktrisiko so gering wie möglich halten. Zudem schulen wir unsere Mitarbeitenden weltweit in den neuen Verhaltensregeln, sollten sie wieder in die Büros kommen oder Kunden treffen.

Wir konzentrieren uns gegenwärtig auf die Optimierung der internen und externen Prozesse, um die (all-)täglichen Herausforderungen der Krise möglichst gut gemeinsam zu meistern und ein produktives und sicheres Arbeiten – egal ob im Büro oder im Homeoffice – zu ermöglichen. Gleichzeitig beschäftigen wir uns schon mit der Gestaltung des "Office der Zukunft" und versuchen zu beurteilen, wie die künftige Balance zwischen Anzahl der Arbeitsplätze, Meetingräume und Flächen für die spontane Zusammenarbeit aussehen wird. Meine persönliche Meinung ist, dass wir hier aufgrund der Erkenntnisse und Veränderungen, die ich in diesem Interview beschrieben habe, das "Office der Zukunft" stark zugunsten der zuletzt genannten Office-Elemente verschieben wird.

Die neue W&V-Serie: Home oder Office? Hier sehen Sie alle bisher erschienen Teile:

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Annette Mattgey, Redakteurin
Autor: Annette Mattgey

Seit 2000 im Verlag, ist Annette Mattgey (fast) nichts fremd aus der Marketing- und Online-Ecke. Als Head of Current Content sorgt sie für aktuelle Geschichten, Kommentare und Kampagnen auf wuv.de. Außerdem verantwortet sie das Themengebiet People & Skills.